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Begegnungen
Ganz natürlich – das Bioweingut Ollinger-Gelz

Ganz natürlich – das Bioweingut Ollinger-Gelz

Im Vorbeigehen streckt Simon eine Hand aus, pflückt eine Beere und steckt sie sich in den Mund. Wahnsinnig süß ist sie, findet er. Sie müssen sich beeilen. Es ist Weinlese, die spannendste Zeit auf dem Bioweingut Ollinger-Gelz.

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© Gregor Lengler

Die Reben hängen voll großer, schwerer Weintrauben. Alle reif, einige sogar schon überreif. Da die Trauben von Hand gelesen werden und für die nächsten Tage hochsommerliche Temperaturen vorhergesagt wurden, müssen Simon und sein Vater sich beeilen.

Der Herbst ist die spannendste Zeit für einen Winzer. „Da passiert das, worauf wir die ganze Saison hinarbeiten. Alles, vom Schnitt, über die Laubarbeiten, bis zum Pflanzenschutz dient nur dem Zweck, zur Weinlese gesunde Trauben am Stock hängen zu haben,“ sagt Jungwinzer Simon Ollinger: „Davon hängt die Qualität ab, nur aus guten Trauben kann ich auch einen guten Wein machen“.

Mediterranes Flair im Saarland

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© Gregor Lengler

Das Bioweingut Ollinger-Gelz liegt in der Gemeinde Perl – der einzigen Weinregion des Saarlands. Im klimatisch milden Dreiländer-Eck Frankreich-Luxemburg-Saarland werden vor allem Burgunder-Rebsorten angebaut – Grauburgunder, Weißburgunder, Spätburgunder und Auxerrois. 30 Weinsorten stellen Simon und sein Vater her, vom spritzigen Weißwein bis zum schweren, mehrere Jahre gelagerten Rotwein. Verkauft wird er in Bioläden und in der Familien-Vinothek, die im Perler Ortsteil Sehndorf liegt.

Ob es an der langen Tradition des Weinbaus, den verwinkelten Gassen oder an den hübschen kleinen Häuschen liegen mag – Sehndorf hat ein mediterranes Flair. Sicherlich tragen auch die Weinreben auf den umliegenden Bergen ihren Teil dazu bei. Auf einem der Hügel liegt der Weinkeller der Ollingers, der Ort, an dem Simon den Großteil seines Arbeitstags verbringt. Durch das während der Weinlese immerzu geöffnete Tor kann er bis nach Luxemburg schauen. Frankreich versteckt sich wenige hundert Meter hinter ihm, auf der anderen Seite des Berges.

Ein ganzes Jahr Arbeit

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© Gregor Lengler

Auf den Weinbergen hat Simons Vater Willi das Zepter in der Hand. „Ab der Blüte hat man etwa 100 Tage Zeit,“ erklärt er, “dann sind die Beeren reif und müssen innerhalb von drei Wochen gelesen werden“. Dafür gehen der Familie fünfzehn Erntehelfer zur Hand, mit denen er Reihe für Reihe erntet.

Sobald die Behälter voll Trauben durch das Tor des Kellers gefahren werden, beginnt Simons Part. Mit seiner kleinen Linde, einem gelben Gabelstapler, kippt er die Trauben in den dicken Defranceschi, eine Weinpresse aus Stahl. In dem runden Bauch der Maschine dehnt sich ein Luftkissen aus und drückt die Trauben sanft gegen die mit kleinen Schnittflächen versehenen Seitenwände. Dadurch wird der Saft schonend, drei bis vier Stunden lang, aus den Beeren gepresst. Währenddessen verarbeitet Simon den Saft vom Vortag, entnimmt aus der laufenden Weinpresse eine Saftprobe und misst den Zucker- und Säuregehalt. Er probiert einen Schluck des dickflüssigen, goldfarbenen Traubensafts. Was aus dem mal werden soll: Ein Blanc de Noir, ein Weißwein aus roten Trauben.

Wieso denn auch nicht

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© Gregor Lengler

Dass die Arbeitstage während der Weinlese lang sind, hat Simon schon als Kind mitbekommen, als sein Vater Willi oft erst weit nach Mitternacht aus dem Weinkeller nach Hause kam. Als gelernter Elektrotechniker hatte der eigentlich gar nichts mit Weinbau am Hut. Das Weingut gehörte damals noch seinem Schwiegervater Klaus Gelz. Als der einen Nachfolger suchte, beschlossen Willi und seine Frau Inge, den Betrieb zu übernehmen. Willi besuchte Seminare und Schulungen und brachte viele Ideen mit in den Betrieb, die von seinem Schwiegervater gerne angenommen wurden. „Klaus hat immer gesagt ‚Ja wenn dat geht, dann mach du dat‘ “, sagt Willi lachend, „das wundert mich heute immer noch.“

Die gleiche Offenheit, die sein Schwiegervater für seine Ideen zeigte, hat Willi auch für die Vorschläge seines Sohnes. Simon tauscht sich, wie sein Vater damals auch schon, mit anderen Jungwinzern aus und lässt sich von Weingütern in ganz Europa inspirieren. Sein Grundwissen hat er bei einem Dualen Weinbau-Studium erworben. Nach seinem Abschluss 2014 ist er dann in den Betrieb eingestiegen. Eines seiner ersten Projekte war die Edition „Klaus Gelz“. Intensiv aromatische Weine, die aus Trauben hergestellt werden, die schon von Simons Großvater gepflanzt wurden. Auf diesen Parzellen setzen Simon und sein Vater all ihr Weinkönnen ein, um die höchstmögliche Qualität aus den Trauben zu holen – ungeachtet des Ertrags.

Aus der Not

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© Gregor Lengler

Im Frühjahr und im Sommer blüht es zwischen den Rebstöcken lila und weiß. Buchweizen, Phacelia und Klee werden jedes Jahr auf den Weinbergen ausgesät, um tierischen Nützlingen, die Schädlinge vertreiben, einen Lebensraum zu bieten. Der tiefwurzelnde Klee hat zudem die Eigenschaft, dass er an den Wurzeln Stickstoffkammern bildet, den Bakterien im Boden zu Nährstoffen umwandeln können. „Damit sparen wir uns seit fast 20 Jahren den Dünger,“ sagt Willi schelmisch. Jetzt im Herbst sieht man unter den Rebstöcken nicht, wie auf vielen anderen Weinbergen, braune vertrocknete Pflanzen, sondern gelockerte Erde. „Das ist zwar mühsam, aber besser, als Glyphosat zu nutzen,“ erzählt Willi weiter.

In Perl waren sie das erste Weingut, das auf bio umstellte. „2001 war das, nachdem mein Vater Atemwegsprobleme bekam, die sich auf die Pflanzenschutzmittel zurückführen ließen“, erzählt Simon. Mit der Umstellung verschwanden die Probleme zum Glück. Nach drei Jahren ökologischen Anbaus durften sie ihren Wein dann auch als Biowein vermarkten. „Wir mussten komplett umdenken. Pilzkrankheiten machen ja nicht einfach vor unseren Feldern kehrt, weil wir jetzt biologisch anbauen,“ sagt Willi. Mit Extrakten aus Fenchel und Schachtelhalm zum Beispiel schützen sie ihre Rebstöcke, „und gegen den echten Mehltau wirkt eine Lösung aus Backpulver“, verrät Simon. Der Schutz muss zwar öfter aufgetragen werden, da ihn der Regen einfach abwäscht. Er dringt aber, anders als viele chemischen-synthetische Stoffe, nicht in die Pflanzen und somit auch nicht in die Beeren ein.

„Zu Beginn der Umstellung stehen die Rebstöcke wie unter Schock und sehen auch ein bisschen kränklich aus,“ erzählt Simon, „aber nach drei bis vier Jahren haben sie wieder ihre Balance gefunden.“ Und Willi fügt mit einem Lächeln hinzu: „Die Rebstöcke bilden tiefere Wurzeln aus, um an die Nährstoffe zu kommen. Dadurch bekommt der Wein auch eine ganz andere Note.“

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© Gregor Lengler

Simon und sein Vater gehen voll in dem ökologischen Anbau auf. Sie überlegen ständig, was sie noch verändern könnten. Seit letztem Jahr zum Beispiel lassen sie die Weinberge von Schafen abgrasen, anstatt mit dem Rasenmäher durchzufahren. „Ich gebe das alles irgendwann mal an meine Kinder und Enkel weiter,“ sagt Willi leise und beobachtet Simons Tochter, die sich von dessen Hand losreißt und auf ihn zu rennt, „da muss ich doch einfach mein Bestes geben“. Die Erntehelfer sind für heute schon im Feierabend. Auch Willi fährt jetzt mit seiner Enkelin nach Hause. Nur Simon muss noch eine Weile durchhalten, bis auch der dicke Defranceschi für heute fertig ist.

www.ollinger-gelz.de

Fotos: Gregor Lengler

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